Station für Papierfabrik Hohenofen
Am 25. März 1904 nahm die Brandenburgische Städtebahn AG ihre Strecke zwischen Rathenow und Neustadt (Dosse) in Betrieb. Eine unspektakuläre Zwischenstation war der Bahnhof Sieversdorf. Eine gewisse Bedeutung erlangte er als Umschlagplatz für das Stück- und Expressgut der Papierfabrik im benachbarten Hohenofen. Zudem war er der Bahnhof für den – schon ein Jahr vor Streckeneröffnung in Betrieb genommenen – Anschluss der Papierfabrik, die parallel zum Hauptgleis ein Übergabegleis besaß. Das Dorf Hohenofen selbst hatte am Ende der Straße Kuhdrift nur einen Haltepunkt ohne Weiche mit einem Häuschen für Warteraum und Dienstraum.
Sieversdorf bekam dagegen einen richtigen Bahnhof, der praktischerweise in der Nähe der Hauptstraße Neustadt–Rhinow angelegt wurde. Dazu gehörte ein Ladegleis neben dem Hauptgleis, eine Ladestraße mit Wendestelle sowie ein kleines Empfangsgebäude und ein Nebengelass unter anderem für die Toiletten (inzwischen abgerissen). Zum Bahnhof führt bis heute eine von Linden gesäumte und mit gelben Klinkern (aus Premnitz) gepflasterte Straße, wie es sie ebenfalls noch im südlichen Nachbarort Großderschau gibt. Auch das in Fachwerk mit Ziegelmauerwerk und Satteldächern ausgeführte Empfangsgebäude war ein Typenbau mit einem Dienst-, Güter- und Gepäckraum, einem Warteraum sowie einer kleinen Wohnung für den Bahnbediensteten. Das alles hatte auf 50 Quadratmetern Platz.
Einige Jahre später entstand der noch original erhaltene Güterschuppen. 1940/41 wurde ein weiteres Gleis für Zugkreuzungen und -überholungen angelegt, weil der Verkehr auf der Strecke als kriegswichtig galt. Der Bahnhof hatte nun drei durchgehende Gleise: das Hauptgleis, ein Überholgleis sowie ein Freiladegleis für den Waggonumschlag. Und zumindest die Einfahrtsignale wurden fernbedient: Die Signalhebel und die Schrankenwinde befanden sich allerdings noch unter freiem Himmel. Später wurde ein Pultdach darüber gesetzt.
1952/53 wurde die Strecke – vor allem aus strategischen Gründen – für den Güterverkehr zu einer „Nebenbahn mit hauptbahnähnlichem Charakter“ ausgebaut. Denn sie verband die Garnisonen der sowjetischen Roten Armee in Rathenow und Neuruppin, war außerdem eine wichtige Verbindung zwischen den überlasteten Hauptbahnen. Deshalb wurde mit der „Korea-Bahn“ (vom Volksmund so genannt, weil sie während des Korea-Krieges entstand) auch eine direkte Verbindung zwischen der Städtebahn (Abzweig Köritz) und der Ruppiner Kreisbahn (Barsikow) am Kopfbahnhof Neustadt vorbei gebaut. Somit mussten Güterzüge in Neustadt nicht mehr umgesetzt werden. Außerdem ließen sich über das so entstandene Gleisdreieck Schlepptenderlokomotiven drehen, die nicht auf die Drehscheibe in Neustadt passten.
Sieversdorf selbst wurde 1952/53 zum Kreuzungsbahnhof mit Ein- und Ausfahrsignalen ausgebaut, das Ladegleis dagegen demontiert. Damals wurde die Station werktäglich von 15 Personenzügen und vier Nahgüterzügen passiert. Die vier Güterzüge pro Tag fuhren noch bis in die 1970er Jahre. 1965 wurde das Empfangsgebäude zu den Gleisen hin um einen Fahrdienstleiter-Raum für ein neues Einheitsstellwerk erweitert. Und 1969 wurde die Wohnung im Bahnhofsgebäude um- und ausgebaut. 1993 verkehrt in Sieversdorf der letzte Nahgüterzug, am 30. November 2003 der letzte planmäßige Personenzug. 2010/11 wurden die Gleisanlagen in Sieversdorf abgerissen, das Bahnhofsgebäude 2012 verkauft.
Sven Bardua